Durch menschliche Einflüsse, wie Begradigungen und massiven Gewässerverbau (und das nicht nur in den Ortslagen), haben Fließgewässer in der Vergangenheit vielfach negative Veränderungen erfahren, die zu erheblichen Beeinträchtigungen und somit zur Minderung der Funktionsfähigkeit dieser Ökosysteme geführt haben. "Schnell weg mit dem Wasser" war eine Maxime der Nachkriegsjahre. Der dieser Regel folgende technische Gewässerausbau hatte weitreichende Folgen, die wir alle heute spüren. Dies betrifft nicht nur die schwindende Biodiversität in aquatischen Lebensräumen, sondern auch die schnelle Absenkung von Grundwasser und die mangelnde Pufferung in Dürrejahren.
Einen wesentlichen Bestandteil des nachhaltigen Gewässerschutzes stellt die Herstellung eines naturnahen Zustandes aller Fließgewässer und ihrer Auen dar. Besonders im Fokus steht dabei die Durchwanderbarkeit von Bächen und Flüssen für alle Organismen - von der Mündung bis zur Quelle. Die strukturelle Vielgestaltigkeit und eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt sind der zweite gewichtige Baustein der Gewässerrenaturierung. Besonders mit Maßnahmen, die der dynamischen Eigenentwicklung von Fließgewässern Vorschub leisten, kann hier sehr viel getan werden, beispielsweise durch den gezielten Rückbau der Ufer- und Sohlbefestigungen oder die Einbringung von Totholz.
Die am 22. Dezember 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie formuliert als eines ihrer Ziele die Erreichung eines guten ökologischen Zustandes aller Oberflächengewässer. Um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie voranzutreiben, die Öffentlichkeit für das Thema Gewässerökologie und Gewässerschutz zu sensibilisieren und einen Beitrag zur Hessischen Biodiversitätsstrategie zu leisten, wurde im Jahr 2019 das Programm „100 Wilde Bäche für Hessen“ durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) initiiert. Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs hat sich die Gemeinde Waldbrunn (Westerwald) mit den Bächen Lasterbachbach und Kerkerbach beworben und wurde mit weiteren 155 Kommunen für das Programm ausgewählt. Durch die Teilnahme am Programm erhalten die ausgewählten Kommunen eine umfassende Unterstützung bei den Gewässerrenaturierungen. Dazu wird ihnen, mit der Hessischen Landgesellschaft mbH (HLG), ein Dienstleister an die Seite gestellt, der sie bei der Maßnahmenumsetzung von der Planungsphase bis zur Bauumsetzung begleitet und bei allen Aufgaben der Bauträgerschaft entlastet.
Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Landkreis, dem Planungsbüro und der HLG können alle erforderlichen Maßnahmen zur Zielerreichung der EU-Wasserrahmenrichtlinie am Lasterbach in einer Baumaßnahme umgesetzt werden. Am Kerkerbach werden zukünftig weitere Einzelmaßnahmen von der Gemeinde Waldbrunn (Westerwald) geplant und umgesetzt, um die Erreichung eines guten ökologischen Zustandes aller Oberflächengewässer im gesamten Gemeindegebiet sicherzustellen.
Als Gewässerunterhaltungspflichtige ist die Gemeinde Waldbrunn (Westerwald) die umsetzende Instanz für die am Lasterbachbach und Kerkerbach vorzunehmenden Renaturierungsmaßnahmen. Nach Fertigstellung der Genehmigungsplanung durch das Ingenieurbüro Zick-Hessler, Wettenberg wurde die Plangenehmigung zur Renaturierung von der unteren Wasserbehörde des Landkreises Limburg-Weilburg im Sommer 2022 erteilt. Herrn Bürgermeister Peter Blum wurde im Oktober 2022 der Förderbescheid zur Umsetzung der Baumaßnahmen von Umweltministerin Priska Hinz übergeben. Die Renaturierung wird vom Land Hessen mit 95 % gefördert. Die Baukosten betragen ca. 730.000,00 €.
Nach Erstellung der Ausführungsplanung und Ausschreibung der Bauleistung wird die Bauumsetzung zur Renaturierung von Lasterbach und Kerkerbach zwischen November 2023 und März 2024 erfolgen. Die Bauarbeiten am Lasterbach werden in und um den Ortsteil Hausen durchgeführt. Hier werden zwei massiv verbaute Gewässerabschnitte naturnah umgestaltet und mehrere Wanderhindernisse in Form von Wehren oder Sohlschwellen beseitigt. Der Kerkerbach wird im Bereich der Ortslage Lahr auf einem Teilabschnitt von ca. 60 m naturnah umgestaltet und vorhandene Sohlabstürze beseitigt.
Die Gemeinde macht auf die zu erwartenden Beeinträchtigungen durch z.B. temporäre Baustellenzuwegungen und Fahrbahnverschmutzungen aufmerksam und bittet alle Mitbürgerinnen und Mitbürger um Verständnis. Die möglicherweise auftretenden Behinderungen durch die Baumaßnahmen werden möglichst geringgehalten.
Mit der Bauumsetzung erfüllt die Gemeinde Waldbrunn (Westerwald) Ihre Verpflichtung zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und leistet mit großem Engagement einen wichtigen Beitrag zur naturnahmen Gewässerentwicklung.